Seit 1865 im Einsatz für Schiffbrüchige

Rund um die Uhr und bei jedem Wetter bereit, oft genug selbst in Lebensgefahr: Die Deutsche Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger (DGzRS) feiert ihr 150-jähriges Bestehen und eine bewegte Geschichte.

1860 fordert der Navigationslehrer Adolph Bermpohl nach zwei schweren Unglücken in der Nordsee in einer norddeutschen Zeitung ein privates nationales Seenotrettungswerk. Es soll nach britischem und niederländischem Vorbild von freiwilligen Spenden getragen werden. Gemeinsam mit dem Anwalt Carl Kuhlmay wendet er sich an weitere Zeitungen. Ihren Appell nehmen der Bremer Redakteur Arwed Emminghaus und der Emder Oberzollinspektor Georg Breusing auf.

1861 gründet sich unter Breusings Führung in Emden der »Verein zur Rettung Schiffbrüchiger an der ostfriesischen Küste «. Er richtet auf Langeoog und Juist, dann auch auf anderen Inseln und an der Küste Rettungsstationen ein. Ähnliche Vereine in Hamburg, Stralsund, Bremen, Kiel, Lübeck, Rostock, Stettin und Danzig folgen.
1865, am 29. Mai, gründen auf Betreiben von Emminghaus schließlich in Kiel die einzelnen regionalen Vereine die DGzRS. Auch die Vereine in Emden und Hamburg schließen sich an. Bremen wird zum Sitz der DGzRS. An den Küsten werden weitere Stationen eingerichtet und mit Ruderrettungsbooten, Raketen-Leinenschießgeräten und Hosenbojen ausgestattet. Je acht oder zehn Ruderer und ein Vormann – bis heute die Bezeichnung für die DGzRS-Schiffsführer – besetzen die offenen Boote.

1875 unterhält die DGzRS 91 Stationen an Nord- und Ostsee, die insgesamt 870 Schiffbrüchige gerettet haben.

1890 gibt es zwischen Borkum und Memel über 111 Rettungsstationen und mehr als 1.000 freiwillige Rettungsmänner. 58 Bezirksvereine und 255 ehrenamtliche Vertreterschaften mit insgesamt 48.979 fördernden Mitgliedern existieren.

1911 wird mit der »Oberinspector Pfeifer« das erste Motorrettungsboot in Dienst gestellt, eine technische Revolution. Zuvor hatten Dampf- und Motorschlepper nur vereinzelt die geruderten oder gesegelten Rettungsboote zum Einsatzort gebracht. Zwei Jahre später verfügt die DGzRS über 14 Motorboote. Nach dem Ersten Weltkrieg ermöglichen neue Dieselaggregate die Umstellung auf gedeckte Motorboote.

1930 gibt es das erste Funkgerät an Bord eines Rettungsbootes. Bis dahin waren vor allem die Stromgewinnung und die Größe der Anlagen ein Problem.

1939 verfügt die DGzRS über 39 Motor- und 55 Ruderrettungsboote sowie 71 Raketenapparate auf 101 Stationen. 58.200 Förderer unterstützen die Gesellschaft. Neue Motorboote erhalten einen turmartigen Aufbau, auf dem der Fahrstand untergebracht wird, damit die Retter die See weiter überblicken können. Das Prinzip bewährt sich und wird beibehalten. Im Zweiten Weltkrieg wird der Seenotrettungsdienst für »Freund und Feind« unter dem Schutz der Genfer Konvention fortgeführt.

1942 zählt das Rettungswerk 173.000 Förderer. Die Besatzungsmächte unterstützen ab 1945 den Wiederaufbau der DGzRS. Die DDR organisiert den Seenotrettungsdienst staatlich.

1952 nimmt die DGzRS die neue Hauptverwaltung mit Werfthalle in Bremen in Betrieb. Drei Funker sichern eine Rundum- die-Uhr-Präsenz. Daraus entwickelt sich die »Seenotleitung Bremen«, die zur nationalen Koordinierungsstelle wird.

1953 wird ein neuartiger Schiffstyp entwickelt, doppelt so schnell wie die bisherigen Boote, auch bei schwerer See, sowie unbegrenzt hochseetüchtig und im Flachwasser einsetzbar. Der schnelle Seenotkreuzer mit Tochterboot entsteht, erstmals als Selbstaufrichter. Der Versuchskreuzer »Bremen« bleibt aber angesichts seiner geringen Geschwindigkeit hinter den Erwartungen zurück, der Durchbruch gelingt 1957 mit der 23,2 m langen »Theodor Heuss«.

1965 unterhält die DGzRS 21 Rettungsstationen in der Deutschen Bucht und der westlichen Ostsee. Sie hat einen größeren Seenotkreuzer-Typ von 26,6 m Länge entwickelt, um die anspruchsvollen Seegebiete der Ems- und der Elbmündung und um Helgoland zu sichern. Im Seeaufgabengesetz wird die Rolle der DGzRS als alleiniger Seenotrettungsdienst festgeschrieben.

1982 wird die Zuständigkeit der DGzRS für den maritimen Such- und Rettungsdienst in der BRD gesichert. De facto nimmt sie hoheitliche Aufgaben wahr, ohne aber als Non-Profit-Organisation Steuermittel zu beanspruchen.

1969 bis 1977 lösen kleinere Seenotkreuzer, erstmals auch mit selbstaufrichtenden Tochterbooten, und rund 15 eigenständige Seenotrettungsboote zwischen 7 und 12 m die letzten Boote aus dem Zweiten Weltkrieg ab. Ein Meilenstein ist die Indienststellung drei großer 44-m-Seenotkreuzer 1975 bis 1978, 7.200PS stark und 30 kn schnell.

1990 übernimmt die DGzRS wieder die Seenotrettung in der ehemaligen DDR, wo trotz der staatlichen Organisation meist Freiwillige im Einsatz waren. Innerhalb von vier Jahren gelingt es, die Technik zwischen Poel und Ueckermünde an den Standard der westdeutschen Stationen anzugleichen. Neue Schiffsklassen ersetzen nach und nach ältere Rettungseinheiten.

1996 bis 1997 wird eine 23-m-Klasse mit Gasschutzeinrichtungen für den Einsatz an Gefahrgutschiffen in Dienst gestellt. Eine 10-m-Klasse mit zahlreichen Verbesserungen zur Ablösung älterer Seenotrettungsboote der Freiwilligen-Stationen folgt 1999 bis 2006,

2003 wird ein 46-m-Seenotkreuzer für die Station Helgoland in Dienst gestellt. Eine neue 20-m-Klasse mit besonders geringem Tiefgang schließt sich 2009 bis 2013 an sowie 2012 ein 36,5-m-Kreuzer für die Gewässer vor Rügen.

2015, im Jubiläumsjahr, sind 60 Rettungseinheiten im Einsatz, die Flotte der DGzRS zählt zu den modernsten der Welt.

Höhepunkte der Feierlichkeiten zum 150-jährigen Bestehen werden ein Festakt im Bremer Rathaus am 29. Mai, dem Gründungstag, sowie eine anschließende Festwoche in Bremerhaven sein. Dort findet zeitgleich der Kongress der International Maritime Rescue Federation (IMRF) statt. Die DGzRS war erst ein einziges Mal (1959) Gastgeber für dieses Forum des internationalen Zusammenschlusses der Seenotrettungsdienste. In diesem Rahmen wird auch das Typschiff einer neuen 28-m-Seenotkreuzer- Klasse getauft. 2013 ging der Auftrag zum Bau des Nachfolgers der 27,5-m-Klasse an die Werft Fr. Fassmer in Berne.

Diese Chronik stellt freundlicherweise  die Koehlers Verlagsgesellschaft, Hamburg
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